Bezug des Vorhabens zum Förderinstrument

Die Problemstellung kann nur durch eine Bündelung unterschiedlicher Kompetenzfelder mehrerer Disziplinen adressiert werden. Obwohl sich das Verfahren an digitale Umgebungen richtet beantwortet es Schlüsselfragen, welche unter anderem für die Bereiche der Demokratie und den Neurowissenschaften relevant sind.

Bezug – Demokratie

Bezug – Demokratie#

Der Fokus ist auf die Beantwortung von Fragestellungen gerichtet, wie das Werte- und Ordnungssystem, dem eine Demokratie-gewandte Gesellschaft zugrunde liegt, schrittweise in die digitale Welt übertragen werden kann.

Fähigkeit, die im Digitalen erhalten bleiben muss

Fähigkeit, die im Digitalen erhalten bleiben muss#

Das politische System der Demokratie schreibt den Massenmedien verschiedene zentrale Funktionen zu. Sie sollen

  • so vollständig, sachlich und verständlich wie möglich über das öffentliche Geschehen berichten (Informationsfunktion);
  • ein Forum sein für die freie und offene Diskussion der Fragen von öffentlichem Interesse und durch eigene Kommentierung an der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung mitwirken (Meinungsbildungsfunktion);
  • sich an der Kontrolle der Politik beteiligen, indem Missstände, zum Beispiel des Ämtererwerbs und der Amtsführung, aufgedeckt und kritisiert werden; ferner auch auf Missstände in Gesellschaft und Wirtschaft aufmerksam machen (Kritik- und Kontrollfunktion).

Inwieweit Medien die Funktionen der Information, Meinungsbildung, Kritik und Kontrolle tatsächlich wahrnehmen, hängt nicht nur von den Journalisten und Redaktionen ab, sondern auch von den politischen, rechtlichen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen. In Deutschland ist ihre besondere Rolle mit der Aufgabe als vierte Gewalt im politischen System umschrieben. Sie beobachte, kritisiere und kontrolliere die anderen drei Gewalten der

  • Gesetzgebung,
  • Regierung und
  • Rechtsprechung

und verweise Machtanmaßungen in die Grenzen. Die Massenmedien sind faktisch ein Teil der gegenseitigen Kontrolle der politischen Gewalten. Social-Media Plattformen und digitale Technologien schaffen ein neues Informations- und Mediensystem, das eine enorme Herausforderung für demokratische Prozesse und die eingebundenen Institutionen gleichermaßen darstellt.

Eine Störung des Medienapparats führt zu einem Verlust an Integrität der Handlungsfähigkeit, als verantwortliche Kontrollinstanz zu agieren. Die Erhaltung des Gleichgewichts der Gewalten und folglich der Grundstruktur eines demokratischen Gebildes kann nicht länger gewährleistet werden.

Steuerung von Inhalte- und Nachrichtenströmen = Schwächung der Resilienz demokratischer Gebilde

Steuerung von Inhalte- und Nachrichtenströmen = Schwächung der Resilienz demokratischer Gebilde#

In der Diskussion zu neuartigen Informations- und Mediensystemen wird stets propagiert, eine digitale Plattform in der Form einer Social-Media Anwendung erlaube dem Einzelnen eine innovative Form der Partizipation mit einer enormen Breitenwirkung. Bei dieser Argumentation wird meist außer Acht gelassen, dass die vom Betreiber eingesetzten Verfahren selbst, über ein so raffiniertes Vorgehen verfügen, dass ein Einfluss auf die Meinungs- und Redefreiheit, welche die Grundprinzipien eines jeden demokratischen Gefüges bilden kontinuierlich ausgeführt wird. Der durchschnittliche Teilnehmer nimmt diesen gesteuerten Eingriff bei der Betrachtung des eigenen Inhalte- und Nachrichtenstroms innerhalb einer digitalen Umgebung nur unterbewusst wahr. Trotz dieser Situation gibt es im Besonderen in digitalen Umgebungen kaum Werkzeuge, welche diese Nebenwirkungen imstande sind zu neutralisieren.

Anforderung

Der Teilnehmer muss über die Fähigkeit verfügen, sich selbstständig gegenüber den bei der Verwendung bestehender Workflows und den so provozierten Folgen zu schützen, um ein gewisses Maß an Resilienz gegenüber

  • den vom Betreiber einer digitalen Plattform aber auch
  • den von bösartigen Akteuren verfolgten Interessen zu erreichen.

Im Vorhaben wird die Betrachtung stets auf das Individuum gerichtet, weil sein Bewusstsein mit kritischen Inhalten in einer nicht vorhersehbaren Art und Weise und Häufigkeit konfrontiert wird.

  • Kapitel 5 – Hintergrund
    • Kapitel 5.1 – Zielsetzungen und Absichten der Akteure
    • Kapitel 5.2 – Gemeinsame Agenda der Akteure
  • Kapitel 21.7.2 – Ambivalenz der Medien in den Unterkapiteln Simplifizierung / Personalisierung, Passivität, Scheinwelten sowie der gezielten Thematisierung.

Die Annahme, die vom Betreiber einer digitalen Plattform eingesetzten Verfahren richten sich stets nur gegen das Individuum ist falsch. Tatsächlich richten sich diese gegen ganze Gesellschaften – siehe Kapitel

  • Kapitel 1.3 – Grundprinzipen des Verfahrens
  • Kapitel 1.7 – Resümee – Sean Parker, Mitgründer von Facebook
  • Kapitel 8.1.3 – Distributionsmethode zur Verteilung von Inhalten = Provoziert das Entstehen von Rauschen

Wir betrachten nicht nur den Einfluss externer Faktoren als Wesentlich, sondern auch solche, die sich aus dem Inneren eines demokratischen Gefüges entwickeln. Zu diesen Entwicklungen wird etwa das Netzdurchsetzungsgesetz gezählt, das per se den in Deutschland agierenden Betreibern digitaler Plattformen zur Identifikation und Löschung kritischer Inhalte verpflichtet. Um dieser Art der Diskussion zu folgen wird der Leser auf ein dediziertes Kapitel mit mehreren Unterkapiteln verwiesen.

  • Kapitel 10 – Gegenüberstellung möglicher Varianten kritische Inhalte in ihrer Wirkung zu begrenzen – Parameter / Zeitverzögerung, Distributionsradius
    • Kapitel 10.1.4 – Kritische Inhalte, welche einer Grauzone zugeordnet werden
    • Kapitel 10.1.5 – Kritische Inhalte – Falschinformation / Propaganda – Wirkungslosigkeit etablierter Maßnahmen
    • Kapitel 10.2.1 – Bewertung der Handhabung beim Betreiber einer digitalen Plattform
    • Kapitel 10.2.2 – Bewertung gesetzgeberischer Maßnahmen hinsichtlich der Wirkung

Bei der Durchsicht der Kapitel wird klar, dass diese Art des Vorgehens der Zensur gleich zusetzen ist, welche eine erhebliche Kollision mit dem demokratischen Werte- und Ordnungssystem darstellt.

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) ist eine der Institutionen, welche durch die Verabschiedung des Netzdurchsetzungsgesetzes den denkbaren Lösungsweg zumindest in Deutschland primär beeinflusst.

Die Konzepte, welche das in der vorliegenden Ausarbeitung beschriebene Verfahren ermöglichen, werden weder in der öffentlichen Diskussion noch im Bereich der Forschung erwähnt. Um eine Diskussion zum geeigneten Lösungsverhalten in eine relevante Richtung zu lenken, muss ein Bewusstsein für dieses geschaffen werden. Im Verfahren stehen Aspekte im Vordergrund, um eine Kollision mit dem demokratischen Werte- und Ordnungssystem von Anfang an zu vermeiden, um eine nachhaltige Beantwortung der Problemstellung zu erreichen.

Neben der Verbesserung der Handlungsfähigkeit des Einzelnen, die in einem Inhalt enthaltene Aussage einzuschätzen, verbessert das Verfahren die Arbeitsweise vielfältiger Akteure, welche sich zur Aufklärung von Falschinformation und Propaganda respektive der Eindämmung von kritischen Inhalten im Internet engagieren – siehe Kapitel 21.3 – Kooperation und Vernetzung. Um eine Begeisterung heranwachsender Menschen gegenüber dem demokratischen Werte- und Ordnungssystem auch im digitalen Bereich zu erreichen wird ein Werkzeug vorausgesetzt, welches in der Lage ist, eine nachhaltige Ausbildung hinsichtlich von gesellschaftlicher Verantwortung und Teilhabe im Bereich des Unterrichts und darüber hinaus zu erreichen – siehe Kapitel 21.7.1 – Werkzeug zur Vermittlung der digitalen Medienkompetenz heranwachsender Menschen.

Bezug – Neurowissenschaften / Psychologie

Bezug – Neurowissenschaften / Psychologie#

Digitale Technologien führen zu einer erheblichen psychischen Abhängigkeit des Menschen. Zur Stützung dieser Behauptung muss eine Identifikation und Betrachtung solcher Faktoren erfolgen, welche eine Tendenz zur Abhängigkeit verstärken.

Eine neue Technologie ist ambivalent. Eine Technologie ist bei der Entdeckung oder Erfindung (Invention) weder gut noch schlecht. Der Gebrauch mit einem positiven und Missbrauch mit einem negativen Vorzeichen ist möglich. Der Umgang mit ambivalenten Technologien ist also immer ein Abwägen von Chancen und Risiken. Erst das Verhalten der Gesellschaft oder der Entscheidungsträger in einer Gesellschaft prägt bei der Anwendung und Umsetzung der Erkenntnisse über neue Technologien (Innovation) diese Bewertung.

Eine Wertung dieser Art beschreibt in der Regel nur den unmittelbaren Ausblick. Technische und wissenschaftliche Errungenschaften können auch Folgen haben, die während der Entwicklung niemand vorhergesehen hat. Es gilt also nicht nur abzuschätzen, für welchen konkreten Zweck eine Technologie heute oder in der unmittelbaren Zukunft verwendet werden könnte, sondern vielmehr die Klärung möglicher Folgen, die aus heutiger Sicht kaum vorstellbar sind.

  • Relativitätstheorie / Atomwaffen (Negatives Beispiel)
  • ARPANET / Internet (Positives Beispiel)

Auf den Projektkontext bezogen muss der Fokus der Betrachtung auf die Fragestellung gerichtet werden, welche langfristigen Folgen durch den stetigen Drang zur immer detaillierteren Erfassung der vom Menschen gemachten Inhalte oder seinem Verhalten ausgelöst werden. Aus dem Eigeninteresse der Betreiber digitaler Umgebungen heraus diese Werte zu monetisieren muss festgestellt werden, dass ein Betreiber dieser Umgebungen nicht die Grenzen dessen erkennen wird, wann eine analytische Betrachtung des Datenbestands geeignet ist und wann diese nicht angewendet werden sollte.

Im abschließenden Kapitel des Executive Summary wird ein Resümee aufgeführt. Darin werden deutliche Worte gefunden, dass die in neuartigen Informations- und Mediensystemen, im Besonderen jedoch innerhalb von Social-Media Plattformen eingesetzten Verfahren sich einer psychologischen Methode bedienen, welcher der kontinuierliche Drang des Menschen nach sozialer Bestätigung zugrunde liegt.

Eine kontinuierlich anhaltende Anziehung und Bindung der Gesellschaft an digitale Plattformen, welche diese Art der Methode aufweisen zeigt, dass eine neutrale Einschätzung über das Für und Wider einer Technologie kaum mehr vom Individuum zu treffen ist.

Diese Entwicklung muss als ernsthaft betrachtet werden, so handelt es sich um keine Randerscheinung, von der nur eine kleine Gruppe an Menschen erfasst wird. Stattdessen handelt es sich um ein Phänomen mit erheblicher Breitenwirkung, welches weltweit mehrere hundert Millionen Menschen erfasst. Zur Erfassung des Umfangs des Phänomens innerhalb Deutschlands betrachtet der Leser Tabelle 2 – Gesellschaftliche Relevanz viraler Verfahren zur Distribution von Inhalten in Social-Media Plattformen (Facebook).

Das Individuum steht unter einem großen sozialen Druck. Social-Media Plattformen jeder Art sind längst Teil des Alltags und werden vom Großteil der Bevölkerung verwendet. Häufig dreht sich das Gespräch um Dinge, die im Rahmen einer solchen Plattform geschehen. Wer dort nicht angemeldet ist, wird häufig übergangen. Aus diesem Gruppenzwang heraus überwinden viele ihre Barriere sich bei einer digitalen Plattform anzumelden und ein Nutzerprofil einzurichten.

Die Entscheidung eine digitale Plattform zu verwenden wird durch das soziale Gefüge beeinflusst. Das Individuum ist regelrecht gezwungen eine Teilnahme zuzusagen.

Während der Nutzung einer digitalen Plattform ergeben sich ernste Folgen die sich schrittweise ausweiten – siehe Abbildung 3.

  • Informelle Störung / Verschmutzung (Information Disorder)
  • Selbstbestimmung (Self-Determination).

Auf den Kontext des Abschnitts bezogen bedeutet dies, dass die Fähigkeit der Handlung und einer im Vorfeld ausgeführten Überlegung, eine Handlung auszuführen nicht mehr vom Individuum selbst bestimmt, sondern von der Gruppe oder anderen Akteuren entschieden wird.

Der Nebeneffekt einer auf den Distributionspfad eines Inhalts einwirkenden Maßnahme führt zur Bildung einer Struktur, die im Vorhaben als Rauschen bezeichnet wird. Das Rauschen der Umgebung wird in der Wirkung unter anderem durch vier wesentliche Faktoren verstärkt, welche in der vorliegenden Ausarbeitung identifiziert und beschrieben werden.

Eine konkrete Darstellung, wonach dieses Phänomen dafür verantwortlich zu machen ist, dass beim Individuum eine Bewusstseinsveränderung provoziert wird und die Betrachtung der Realität durch eine verschobene Perspektive wahrgenommen wird erfolgt im Kapitel 8.1.3 – Distributionsmethode zur Verteilung von Inhalten = Provoziert das Entstehen von Rauschen.

Obwohl der Vergleich zu einer Bewusstseinsveränderung durch Substanzen chemischer Art aus der Luft gegriffen zu sein scheint, verfügen diese raffinierten Verfahren über die Fähigkeit, die Wahrnehmung der Realität beim Individuum in einer schleichenden Art und Weise zu verändern. Die Fähigkeit der selbstständigen, rationalen aber auch der kreativen Bildung von Gedanken stellt eine wesentliche Fähigkeit des menschlichen Bewusstseins dar.

Grundsätzlich betrachten wir einen Sachverhalt stets aus einer neutralen Perspektive, eine emotionale oder durch Angst geschürte Darstellung wird vermieden. Trotzdem muss an dieser Stelle ausnahmsweise folgende Aussage erfolgen.

Heute mag der Gedankenapparat noch vom Nutzer direkt gesteuert werden. Zukünftig werden diese Verfahren jedoch so intelligent und raffiniert, dass eine Orchestration des Verhaltens möglich erscheint. Man sollte nicht übersehen, dass die Interessen des Betreibers einer bestimmten digitalen Plattform wesentlich darin bestehen, den Teilnehmer solche Inhalte vorzuschlagen, die am geeignetsten erscheinen. Spätestens dann ist ein Eingriff in den Gedankenapparat erkennbar und eine Steuerung dessen möglich. Wir bezeichnen daher digitale Technologien mit enormer Breitenwirkung als Gefahr, das Gebilde der Gesellschaft in der Struktur und Funktion zu schwächen oder zu stören.

Aus unserer Sichtweise rechtfertigt diese Darstellung die Einordnung in den Bereich der Neurowissenschaft dadurch, dass digitale Technologien hervorgerufene Masseneffekte auf das Verhalten des Menschen als kaum erforscht gelten.